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Der starke Schatten als Angehöriger eines seelisch kranken Menschen: Immer funktionieren, immer mit Hoffnung und so vielen Rückschlägen

Die Pflege und Unterstützung eines seelisch kranken Menschen ist eine der emotional und psychisch herausforderndsten Aufgaben, die ein Mensch übernehmen kann. Als Angehöriger lebt man oft im Schatten der Krankheit, bemüht sich ständig, dem geliebten Menschen zur Seite zu stehen, und verliert dabei manchmal das eigene Selbst aus den Augen. Es ist ein Leben geprägt von Hoffnung, Rückschlägen und dem Gefühl, ständig „funktionieren“ zu müssen. Doch was bedeutet es, im Schatten der psychischen Erkrankung zu leben, und wie kann man trotzdem zu sich selbst zurückfinden?


Die Belastung des ständigen Funktionierens


Als Angehöriger eines seelisch kranken Menschen fühlt man sich oft wie in einem ständigen Balanceakt. Es gibt keine Pause, keine einfache Lösung und keine Garantie für Besserung. Man ist immer da, immer präsent, immer bereit, zuzuhören, zu unterstützen oder zu handeln – und das oft, ohne dass der eigene Bedarf nach Anerkennung oder Unterstützung in gleicher Weise erfüllt wird. Es gibt Tage, an denen man den Eindruck

hat, nur noch zu „funktionieren“, um den anderen zu helfen.


Doch irgendwann stellt sich die Frage: Wer hilft mir, wenn ich mich selbst verliere?


Die psychische Erkrankung eines geliebten Menschen zieht einen Schatten auf das Leben der Angehörigen. Die ständige Sorge, die unvorhersehbaren Schwankungen der Krankheit und die wiederholten Rückschläge in der Genesung können zu einer Erschöpfung führen, die tief in die eigene Identität eindringt. Man lebt nicht mehr für sich selbst, sondern für denjenigen, der auf der anderen Seite der Erkrankung steht. Dabei kann der eigene Weg aus den Augen verloren gehen.


Hoffnung trotz der Rückschläge


Es gibt wohl kaum etwas Schwierigeres als die ständige Hoffnung auf eine Besserung, die immer wieder von Rückschlägen und Enttäuschungen unterbrochen wird. Man gibt alles, um den anderen zu unterstützen, doch oft scheint der Weg zu einer vollständigen Heilung oder Stabilisierung weit entfernt. Diese Erfahrung kann dazu führen, dass der Angehörige in einen Zustand der Resignation gerät – nicht aus Mangel an Liebe oder Fürsorge, sondern aufgrund der enormen psychischen und emotionalen Belastung.

Jeder Rückschlag, jede Verschlechterung des Zustands des Angehörigen kann als persönliches Versagen wahrgenommen werden, selbst wenn man weiß, dass man nichts hätte anders machen können. Man lebt mit der ständigen Unsicherheit, wie der nächste Tag verlaufen wird, und lernt, die Kontrolle abzugeben. Doch in all dem Schmerz liegt auch eine tiefe Form der Hoffnung: die unerschütterliche Bereitschaft, weiter zu kämpfen, weiter zu lieben und zu hoffen, dass irgendwann ein Lichtblick kommt. Diese Hoffnung kann sowohl Quelle der Kraft als auch der Zerreißprobe sein.


Das eigene Selbst im Schatten der Krankheit


Ein schwerer Nebeneffekt der Fürsorge für einen seelisch kranken Menschen ist das Gefühl, sich selbst zu verlieren. In den vielen Jahren der Unterstützung und Sorge kann es geschehen, dass man sich selbst als „begleitende Figur“ definiert und seine eigene Identität in den Hintergrund stellt. Die Bedürfnisse und Gefühle des geliebten Menschen rücken immer mehr in den Vordergrund, während die eigenen oft verdrängt oder ignoriert werden.

Der Schatten der psychischen Erkrankung ist nicht nur ein äußerer Einfluss, sondern beeinflusst tief das eigene Gefühl von Wert und Bedeutung. Man fühlt sich vielleicht nicht mehr gesehen, denn die Gesellschaft neigt dazu, die Bedürfnisse von Angehörigen zu übersehen. Sie ist mehr auf den kranken Menschen fokussiert, während der Angehörige als stille, unsichtbare Unterstützung im Hintergrund bleibt.

Es ist eine der größten Herausforderungen, in dieser Situation wieder zu sich selbst zu finden. Zu lernen, auch als Angehöriger für sich selbst zu sorgen, sich selbst wahrzunehmen und die eigenen Grenzen zu respektieren, ist eine essentielle, wenn

auch schwierige Aufgabe. Doch der Weg aus dem Schatten beginnt mit dem Bewusstsein, dass auch die eigene Seele Pflege und Fürsorge benötigt.


Wie man aus dem Schatten tritt


Es ist wichtig zu verstehen, dass es keine Schwäche ist, Hilfe anzunehmen. Die Last, die als Angehöriger eines seelisch kranken Menschen getragen wird, ist enorm. Es ist nicht nur eine Aufgabe, die aus Liebe und Hingabe getan wird, sondern eine, die tiefe Spuren im eigenen Leben hinterlässt. Sich Unterstützung zu suchen – sei es durch Therapie, Selbsthilfegruppen oder Gespräche mit anderen Angehörigen – kann ein wichtiger Schritt sein, um die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu schützen.

Darüber hinaus ist es entscheidend, sich selbst kleine Auszeiten zu gönnen, die eigene Identität zu pflegen und die eigenen Bedürfnisse nicht zu vergessen. Nur wenn man auch sich selbst Raum gibt, kann man weiterhin kraftvoll für den anderen da sein, ohne sich dabei zu verlieren.


Fazit


Die Reise als Angehöriger eines seelisch kranken Menschen ist geprägt von ständigen Herausforderungen, Rückschlägen und der tiefen Hoffnung auf Besserung. Doch in diesem Leben im Schatten gibt es auch die Möglichkeit, sich selbst wiederzufinden – nicht als „Begleiter“ oder „Helfer“, sondern als Mensch mit eigenen Bedürfnissen, Gefühlen und Werten. Der Weg aus dem Schatten führt nicht nur zur Heilung des anderen, sondern auch zu der Erkenntnis, dass Selbstfürsorge genauso wichtig ist wie die Liebe und Unterstützung für den geliebten Menschen.

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